Projekt Apfelbaum: Mehr exklusiv als inklusiv

Das Projekt Apfelbaum, unmittelbar angrenzend an das Yppenviertel, treibt die Gentrifizierung weiter voran: ein exklusives Wohlfühlprojekt für Betuchte, woran der sympathische „inklusive“ Teil des Vorhabens wenig ändert.

„Wer hat so viel Pink-pinke, wer hat soviel Geld?“ – diese Stelle aus einem uralten Schlager von Jupp Schmitz kam mir in den Sinn, als ich mir die Preise ansah, die das Projekt Apfelbaum für die geplanten Eigentumswohnungen anvisiert. (Hier zum Anhören auf YouTube: „Wer soll das bezahlen?“.)

Ab 6.500 Euro pro Quadratmeter ist man dabei, es gibt auch etwas um 10.000 Euro. Das Prunkstück wird für fast vier Millionen angeboten. Ich muss mich also darauf vorbereiten, dass meine zunehmend „boboisierte“ Wohnumgebung um zahlreiche „Super-Bobos“ bereichert wird, deren Lebensumstände mir nur vom Hörensagen bekannt sind und die sich kaum vorstellen können, mit wie wenig Menschen wie ich auskommen müssen. Aber das bin ich ja schon gewohnt.

Was ist das Projekt Apfelbaum? Es ist das bisher größte Sanierungs- und Neubauprojekt im Yppenviertel, dem man es aufgrund seiner Lage an bzw. nördlich der Ottakringer Straße zurechnen muss, auch wenn es sich im 17. Bezirk Hernals befindet. Es erstreckt sich über zwei Häuserblöcke und über insgesamt mehr als 1,2 Hektar. Aufmerksam darauf wurde ich Ende 2020, als durch den Abriss eines Zinshauses eine große Baulücke an der Ottakringer Straße entstand. Damals erschien es mir als potenziell „visionär“ – siehe Projekt Apfelbaum – eine Vision. Gebaut wurde bisher nichts, aber seit Kurzem gibt es neue Werbeplakate und neue Pläne. Seit mir diese bekannt sind, stehe ich dem Vorhaben kritisch gegenüber.

Eigentums- und Mietobjekte. Laut aktuellem Plan umfasst das Projekt zwei bzw. drei Eigentumsobjekte mit fast der Hälfte der geplanten Wohnungen und drei Mietobjekte. Dazu soll es jeweils auch einige Gewerbeflächen geben (Eigentum und Miete). Das Konzept kann man sich auf der Website von Apfelbaum ansehen und sich mit der Maus nähere Informationen zu den einzelnen Projektteilen anzeigen lassen.

Beschreibungen blau für Mietobjekte, rot für Eigentumsobjekte. Grafik © Verein Apfelbaum 2025, Bearbeitung Robert Poth

Eigentum: Alles hochpreisig bis Luxus
Die Eigentumsobjekte bestehen aus einem Luxusprojekt (Altbau) im sogenannten Geblerhof, der sich im nordwärts anschließenden Häuserblock befindet, und einem großen Neubauobjekt an der Ottakringer Straße, das ebenfalls aus teuren Vorsorge- und Eigentumswohnungen besteht (Raiffeisenbank), garniert mit luxuriösen Garten- bzw. Dachwohnungen. Hier war ursprünglich auch ein Gesundheitszentrum geplant, das aus dem neuen Konzept verschwunden ist.

* Raiffeisen-Projekt, Ottakringer Straße 44, Raiffeisenbank Ottakringer Straße
* Liv beim Yppenmarkt, Ottakringer Straße 44, Liv beim Yppenmarkt
* Liv im Geblerhof, Geblergasse 42, Liv im Geblerhof

Preise und nähere Infos sind den Websites der Projekte (Kasten rechts) zu entnehmen. Unter 6.500 Euro pro Quadratmeter (Wohnfläche) ist nichts zu haben, einzelne Wohnungen kosten mehr als 10.000 Euro pro Quadratmeter. Das ist das Preisniveau luxuriöser Dachwohnungen und Maisonetten; angesprochen wird also eine ordentlich betuchte Zielgruppe. Aufgefallen ist mir vor allem ein Objekt im Dachgeschoß des geplanten Neubaus an der Ottakringer Straße („Liv beim Yppenmarkt“): Es wird über eine Wohnfläche von 325 m², einen mehr als 40 m² großen Balkon und eine Terrasse mit 520 m² verfügen. Angeboten wird es für rund 3,83 Mio. Euro.

Werbeplakat an der Ottakringer Straße: Hübsch. Aber nur eine Minderheit kann sich das leisten.

Mietobjekte zu unbekannten Mietpreisen.
Die drei Mietobjekte bestehen aus einem „modernisierten“ Altbau mit Zubauten und Dachgeschoßaufbau (Geblergasse 39), einem Gebäude (Umbau oder Neubau?) mit 40 Mietapartments für Studierende mit Lounge und Dachterasse (Helblinggasse 7) und dem „inklusiven“ Teil des Projekts mit voll- und teilbetreuten Wohnformen für Menschen mit Behinderungen, „Verbundwohnungen“ (Einzelwohnungen mit Gemeinschaftsbereich) und Wohngemeinschaften, großteils Neubau (Helblinggasse 5).

Mietwohnungen haben den Vorteil, dass sie – theoretisch – auch für die große Bevölkerungsmehrheit in Frage kommen, die mangels Eigenkapital und aufgrund unzureichender Einkommen keinen Zugang zu Wohneigentum hat. Wer hier tatsächlich einziehen kann (etwa auch Studierende ohne betuchte Eltern?), wird jedoch von den derzeit unbekannten Mietpreisen abhängen. Je höher die Mieten, desto weniger kann auch bei den Mietobjekten des Projekts von (sozialer) „Inklusivität“ die Rede sein. Über den Zugang zu den Wohnungen mit Vollbetreuung wird immerhin eine Betreuungsorganisation entscheiden, die diese Wohneinheiten anmieten, vergeben und verwalten wird.

Warum ich das Projekt nun kritisch sehe
Meine ursprünglich positive Bewertung des Projekts beruhte auch auf teilweise offenbar naiven Annahmen. Ich nahm etwa an, es würden vor allem Mietwohnungen errichtet und die „Gemeinschaftsflächen“ (u. a. für „Urban Gardening“) wären für die Öffentlichkeit zugänglich. Das hat sich als falsch herausgestellt. Bedauerlich ist auch, dass das geplante Gesundheitszentrum gestrichen wurde und dass von Kindergärten keine Rede mehr ist, ebensowenig wie vom „geförderten inklusiven Konzept“, ursprünglich vorgesehen für alle Projektteile außer dem Apartmenthaus für Studierende.

Mit dem hohen Anteil an Eigentumswohnungen und insbesondere ihren hohen Preisen ist das Projekt nun aber großteils sogar ein besonders krasses Beispiel der Gentrifizierung im Viertel. Dazu kommt, dass wie bei anderen Abrissen zwar Wohnraum vernichtet, aber nun schon seit mehr als vier Jahren nicht einmal Ersatz dafür geschaffen wurde, womit das Projekt auch zur allgemeinen Verknappung des Wohnungsangebots beigetragen hat und nach wie vor beiträgt, genau wie der oft kritisierte Leerstand in Zinshäusern.

Am Wiener Bedarf vorbei. Für die allgemeine prekäre Lage auf dem Wiener Wohnungsmarkt ist das Projekt Apfelbaum natürlich nicht verantwortlich. Es ist aber festzuhalten, dass Wien Wohnungen für Betuchte braucht wie einen Kropf – großer Mangel besteht vielmehr an Mietwohnungen, die auch für Menschen mit niedrigem Einkommen leistbar sind. Die steigenden Grundstückspreise, Bau- und Kreditkosten sowie energiepolitisch motivierte Bauvorschriften machen es selbst für gemeinnützige Bauträger immer schwieriger bis unmöglich, solche Wohnungen zu errichten. Wirksame Mittel zur Abhilfe haben weder die Stadt noch die Bundesregierung bisher gefunden, sofern nach solchen überhaupt gesucht wird.

Die Auswirkungen des Zuzugs betuchter Menschen auf die lokale Infrastruktur und die lokalen Miet- und Eigentumspreise bekümmern im Wiener Rathaus jedenfalls niemanden, sie scheinen im Zuge von „Aufwertungsstrategien“ sogar erwünscht. Dazu hielt ich bereits vor Jahren hier fest: „Eine Aufwertung von Stadtvierteln gemäß der beobachtbaren Strategie in Wien ist kein Mittel zur Schaffung dauerhaft leistbaren Wohnraums, sondern lediglich ein Impulsgeber für Gentrifizierungsprozesse zu Lasten unterer Einkommensgruppen; der Nutzen wird großteils von ImmobilieneigentümerInnen und oberen Einkommensgruppen lukriert.“ (Siehe Aufwertung alla Viennese.)

Wirtschaftspolitischer Unsinn. Es ist natürlich Unsinn, die Wohnkosten aus dem Ruder laufen zu lassen: Das frei verfügbare Einkommen der Bevölkerungsmehrheit sinkt und damit auch die Gesamtnachfrage, eine Folge der geringeren Konsumquote der begünstigten Einkommensgruppen. Unsinn war auch schon die abrupte Leitzinserhöhung durch die Europäische Zentralbank, denn die als Problem erkannte Inflation war angebotsseitig verursacht (Knappheiten und Kostensteigerungen im Energiesektor, Lieferkettenprobleme usw.) und nicht durch eine übermäßige Nachfrage, die man durch Zinserhöhungen hätte dämpfen müssen.

Kontraproduktiv war ebenso, dass hierzulande die Kreditvergabestandards durch die KIM-Verordnung („Kreditimmobilienmaßnahmenverordnung“) verschärft wurden. Mangels Zugang zu Immobilienkrediten drängten viele auf den Mietmarkt und trieben dort die Preise spürbar in die Höhe (siehe RE/MAX Studie Immobilienmarkt 2025), worunter wiederum die einkommensschwachen Gruppen am meisten litten. Zumindest dieser letzte Missgriff soll 2025 wieder zurückgenommen werden. Zu mehr leistbaren Wohnungen wird aber auch das nicht führen.

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