Abreißen und (fast) nichts tun reicht auch

Weiter steigende Grundstücks- und Immobilienpreise und das Niedrigzinsumfeld machen es für Investoren attraktiv, Baulücken im dicht besiedelten Stadtgebiet jahrelang „brach“ liegen zu lassen. Ein Beispiel vom Hernalser Gürtel.

Im Februar 2017, es ist schon bald vier Jahre her, entdeckte ich die Baulücke: ein ziemlich großes Gründerzeit-Zinshaus am Hernalser Gürtel 13 war abgerissen worden. Meiner dokumentarischen Selbstverpflichtung folgend wanderte ein Foto in meine mittlerweile unübersichtliche Galerie Dachbodenausbau, Sanierungen, Neubauten. Rechts abgebildet, weil sonst schwer zu finden.

An der Gürtelseite des Häuserblocks komme ich selten vorbei, unlängst aber doch wieder einmal. Und siehe da, die Baulücke besteht noch immer. Genutzt wird sie als Parkplatz, sogar in eine kleine Hecke wurde investiert. Am Tag der Aufnahme war der Parkplatz zwar leer, da es aber ein Samstag war, wären Rückschlüsse auf das Ausmaß der Nutzung eher voreilig.

Hernalser Gürtel 13 – Platz für PKWs


Was die private Parkplatzvermietung abwirft, weiß ich nicht. Natürlich könnte man mit Eigentumswohnungen oder Geschäfts- und Büroräumen mehr aus der Liegenschaft herausholen. Aber die Parkraum-Dienstleistung sorgt jedenfalls für regelmäßige Einnahmen, bei minimalen Investitionen, während man sich gleichzeitig über einen stetigen Wertgewinn des Investments freuen kann. Hilfreich ist dabei natürlich, dass die Grundsteuer hierzulande niedrig ist – niedrige Bemessungsgrundlagen (Einheitswerte) und geringe Steuersätze.

Die Kombination ist risikolos und insofern besser als Staatsanleihen, die im mittlerweile quasi einzementierten Niedrigzinsumfeld praktisch nichts abwerfen. Moderne Kouponschneider setzen auf Immobilien. Das investierte Geld, sofern man es nicht braucht, ist jedenfalls gut „geparkt“.

Auf dem Betongold-Markt steigen die Preise weiter, wie gehabt. In Wien beschleunigte sich der Preisanstieg für Wohnimmobilien im zweiten Quartal 2020 auf 4,1 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum nach 3,9 Prozent im ersten Quartal, hieß es Mitte September 2020 auf news.orf.at (Wohnimmobilienpreise stark in die Höhe geschnellt). Gut für alle, die schon eine haben, schlecht für alle anderen.

Vor allem für die, die sich Wohneigentum nicht leisten können. Denn auch das Wohnen verteuerte sich stark, hieß es daselbst ein paar Tage davor: „Im zweiten Quartal 2020 betrug der Aufwand für Miete und Betriebskosten für Hauptmietwohnungen im bundesweiten Schnitt 8,3 Euro pro Quadratmeter, vor einem Jahr waren es acht Euro – das entspricht einer Verteuerung um 3,75 Prozent. Die Nettomieten stiegen von 5,9 auf 6,2 Euro, wie aus den aktuellen Daten der Statistik Austria von heute hervorgeht.“

Ansonsten ist aber nicht alles schlecht an dieser Baulücke, abgesehen von den Parkplätzen. Es gibt mehr Licht für die Häuser dahinter, und vor allem können sich die am Gürtel südwärts fahrenden AutofahrerInnen am Anblick eines haushohen (25 Meter sollen es sein) Wandgemäldes des Künstlers Golif erfreuen. Es gefällt mir übrigens, auch wenn ich nicht weiß, was es aussagen soll. Wer dort jemals etwas baut, wird jedenfalls ein Kunstwerk zerstören müssen …

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