Ain’t we got fun? Renteneinkommen aus Vermietung

Wohnen wird immer teurer, schreien die Spatzen von den Dächern. Aber wozu denn jammern? Freuen wir uns doch mit den VermieterInnen über ihr leistungsloses Renteneinkommen im Altbestand, berechnet von der Arbeiterkammer Wien …

Welche leistungslosen Einkommen können VermieterInnen im Althausbestand in Wien derzeit erzielen, unter der Voraussetzung, dass keine Darlehen zur Finanzierung des Zinshauserwerbs zurückzuzahlen sind?

Das hat Lukas Tockner, wohnungspolitischer Referent der Arbeiterkammer Wien, zu berechnen versucht – meine Quellen:

1. Mietrechtsgesetzgebung als Teil des Sozialstaates: Negative Konsequenzen intransparenter Mietrechtsregeln am Beispiel Wien, von Lukas Tockner, erschienen in Kurswechsel 3/2014, S.13-19 (Link zu Editorial und Inhalt).
2. Nettoangebotsmieten in Wiener Altbauten, April 2013, Lukas Tockner, AK Wien.

Als leistungsloses Renteneinkommen gilt Tockner allerdings nur die Differenz zwischen gesetzlich zulässigen Quadratmeterpreisen für unbefristete Mietverträge (Wohnungen der Kategorie A) inklusive durchschnittlicher Lagezuschläge und den tatsächlich verlangten Preisen, erhoben auf Basis von Inseraten.

Nun zu den Zahlen. Im Schnitt zulässig (2011) wären 6,11 Euro/m², davon sind 2 Euro/m² abzuziehen, die dem geschätzten Aufwand für Instandhaltung und Verbesserung (langjährige Erfahrungsbasis) entsprechen. Bleiben 4,11 Euro/m² als Bruttoeinkommen, was hochgerechnet auf ein durchschnittliches Altbauzinshaus in Wien (1.340 m² Nutzfläche) rund 5.500 Euro monatlich ergibt – nicht schlecht. Das Medianeinkommen Unselbständiger in Österreich lag 2011 nur bei 2.250 Euro.

Tatsächlich wurden aber nicht 6,11m² verlangt, sondern mehr als 8 Euro/m² – ein Aufschlag von mehr als 30%. Bei einer Wohnung mit 70m² summiert sich dieser Aufschlag auf mehr als 1.600 Euro im Jahr – was deutlich über dem Nettomedianeinkommen von Unselbstständigen 2011 liegt (rund 1.500 Euro). Bei befristeten Mietverträgen sind diese Aufschläge übrigens noch weit höher.

Woraus folgt, dass ein Mensch mit Medianeinkommen in einer neu angemieteten Altbauwohnung mehr als einen Monat pro Jahr nur arbeitet, um seinem Vermieter oder seiner Vermieterin ein arbeitsloses Zusatzeinkommen zu verschaffen. Was, nebenbei bemerkt, den oft anzutreffenden fehlenden Respekt der VermieterInnen gegenüber ihren MieterInnen erklären könnte – eigentlich sind wir Betroffene ja ausgesprochen dämlich. Wer hat Respekt vor einem Idioten? Aber es macht prächtig Spaß, jemand für sich schuften zu lassen – Ain’t we got fun? (Zu diesem Lied siehe unten).

Zurück zu Lukas Tockner. Wo sind die Kosten, die diesen Aufschlag rechtfertigen, fragt sich der AK-Referent? Sie existieren nicht. Dankenswerterweise fügt er noch hinzu, dass diese Zusatzkosten den übrigen Konsum verringern und damit die gesamte Wirtschaft belasten – eine Folge der Umverteilung nach oben, die oft übersehen wird.

Bekämpft werden soll dieser Missstand, so die bereits bekannten AK-Forderungen, mit Begrenzungen der zulässigen Zuschläge, Streichung der Lagezuschläge, da meist auf öffentlichen Investitionen beruhend, eine Ausweitung des Geltungsbereichs des Mietrechtsgesetzes auf alle Bauten, die älter als 30 Jahre sind (da ausfinanziert), und einer drastischen Einschränkung befristeter Mietverträge, abgesehen von der Zweckbindung der Wohnbaufördermittel samt Rückflüssen.

Ganz meine Meinung. Bloß was die Forderung nach einer Mietzinsbegrenzung betrifft, habe ich bereits in einem früheren Beitrag einen Vorbehalt angemeldet (siehe AK und billigeres Wohnen), der sich auf die Tendenz zur Umwandlung in Eigentumswohnungen bezieht – um die dadurch drohende Reduzierung des Mietwohnungsangebots zu bremsen, müssten wohl die derzeit realisierbaren (leistungslosen) Wertgewinne bei Grundstücken und Zinshäusern zum Zeitpunkt ihres Anfallens (bei Verkauf) weitgehend abgeschöpft werden. So weit will sich aber offenbar nicht einmal die Arbeiterkammer hinauslehnen …

Ain’t We Got Fun ist übrigens ein Foxtrot von 1921, komponiert von Richard A. Whiting; der Text von Raymond B. Egan und Gus Kahn ist eine sarkastische Kritik an Armut unter kapitalistischen Verhältnissen; beispielhaft etwa diese Textstelle (Variante), zitiert von Wikipedia (englisch):

They won’t smash up our Pierce Arrow,
We ain’t got none
They’ve cut my wages
But my income tax will be so much smaller
When I’m paid off,
I’ll be laid off
Ain’t we got fun?

Hier auf Youtube, samt einer Textvariante: www.youtube.com/watch?v=y041-eT6QrI.

Den Hinweis auf das Lied verdanke ich übrigens einem Beitrag von Klaus G. Singer in seinem Blog, Ain’t We Got Fun vom 22.1.2015 – darin geht es um die weltweite Vermögenskonzentration.

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