AK und billigeres Wohnen – ein Déjà vu

Die Wiener Arbeiterkammer bleibt am Thema billigeres Wohnen dran – zuletzt etwa wurden die Ergebnisse einer Umfrage präsentiert: Ein Großteil sei für klare Mietgrenzen und mehr sozialen Wohnbau (siehe Kasten). Zudem macht sich die AK Wien für eine Zweckwidmung der Wohnbaufördermittel samt Rückflüssen stark und fordert ein Ende für befristete Mietverträge.

Das ist alles grundsätzlich zu begrüßen, vor allem da ansonsten von SPÖ-Seite nicht viel zum Thema “Wohnen ist zu teuer” zu vernehmen ist. Doch geht’s mir wie Gretchen im Faust: Die Botschaft hör’ ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.

Dazu eine Art Quizfrage: Von wem stammt das folgende – ausschnittsweise – Zitat?

… weil die Mietkosten mittlerweile für sozial Schwache kaum mehr leistbar sind. Der Grund besteht darin, dass in den letzten Jahren die Wohnbauförderungen zweckentfremdet und in Folge zu wenig gebaut wurde. Für viele Familien sind Mietpreise von deutlich mehr als 500,- Euro/Monat einfach zu teuer.

Nein, nicht aus der linken Reichshälfte, besser gesagt dem rosaroten Reichsviertel, und auch nicht von den Grünen. Um solchen Klartext zu hören, muss man sich heute praktisch an den “Klassenfeind” wenden: Das Zitat stammt von Wilhelm Fetscher, Geschäftsführer von RE/MAX DCI, einem Immobilienunternehmen (siehe u.a. backgrounds).

Um hier nicht auszuufern: Die beklagte Möglichkeit einer Befristung von Mietverträgen wurde 1994 beschlossen, unter einer Großen Koalition, geführt vom Bundesparteiobmann der SPÖ, Franz Vranitzky.

Und nun zum im Titel angekündigten Déjà vu, das ich gerne mit den BesucherInnen dieses Blogs teilen möchte.

Michael Häupl, 1995

Michael Häupl, 1995


Im Vorfeld der Wiener Landtagswahlen von 1996 machte sich die Wiener SPÖ auch für eine Mietrechtsreform und Verbesserungen am Wohnungsmarkt stark. An der Spitze natürlich der frischgebackene Wiener Bürgermeister, Michael Häupl, sowie der Stadtrat für Wohnbau und Stadterneuerung, Werner Faymann, Ex-Landesvorsitzender der Wiener Mietervereinigung.

Unter den Forderungen: “klare Mietzinsobergrenzen, keine befristeten Mietverträge“. Einzelheiten sind den Bildern zu entnehmen (anklicken).

SP Wien, 1995

SP Wien, 1995


Bekanntlich wurde daraus nichts. Das ist fast 20 Jahre her. Mittlerweile haben wir wieder eine Große Koalition, wie 1994, mit dem Unterschied, dass sich beide beteiligten Parteien substanziell geschwächt präsentieren. Was, bitte, spricht dafür, dass sich in dieser Konstellation etwas durchsetzen ließe, was schon Mitte der 1990er Jahre nicht realisierbar war?
Werner Faymann, 1995

Werner Faymann, 1995


Wenig, würde ich sagen, auch wenn ich mich in dieser Frage gerne irren würde. SP und VP sind mehr denn je aufeinander angewiesen, und schon 1994 war es für die VP als traditionelle “Hausherrenpartei” ein Leichtes, die Not der renditelosen ZinshauseigentümerInnen zur Causa prima der Probleme am Wohnungsmarkt hochzustilisieren, weshalb selbige auch zu lindern wäre. Das Übrige könne man ja getrost den Marktkräften überlassen. Was auch prompt geschah.

Zu befürchten ist, dass die Argumentation von damals nun neu aufgekocht werden wird, mit einem Seitenblick auf die seither dazugekommenen ungezählten “Mini-Hausherren”, sprich VorsorgewohnungsbesitzerInnen, die dem Gejammere auf den Leim zu gehen drohen, weil sie Angst haben, die Deckung ihrer Pensionslücke könnte in Gefahr geraten.

Abgesehen davon beinhaltet das aktuelle Forderungspaket der Wiener AK m.E. einen “blinden Fleck”, was die möglichen Folgen von Mietzinsbeschränkungen betrifft. Das Zusammenwirken von hohen Anteilen befristeter Mietverträge und auf absehbare Zeit überhöhten Preisen von Wohnimmobilien könnte bei Mietzinsbeschränkungen durchaus eine weitere Verringerung des Mietwohnungsangebots zur Folge haben – zumindest in jenem Ausmaß, in dem es sich dann eher rentieren würde, Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umzuwandeln. Der Effekt ist zwar schwer zu quantifizieren (u.a. hohe Lageabhängigkeit); der Trend an sich ist aber bereits fest etabliert (siehe u.a. Zinshaus-Marktbericht 2014).

Klar ist aber zweierlei:
1. Selbst eine Ankurbelung des geförderten oder öffentlichen Wohnneubaus kann erst nach geraumer Zeit zu einer Senkung der Marktmieten führen.
2. Lokale Gentrifizierungsprozesse wie im Brunnen-/Yppenviertel sind, einmal in Gang gesetzt, durch die von der AK geforderten Reformen kaum zu stoppen: Die etablierte Präferenz für gewisse Wohnlagen wird auch bei stärker regulierten Mieten auf die realisierbaren Preise durchschlagen und eine Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen begünstigen.

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