Yppenmarkt: Sinnlose Subvention für Gastronomie

Die Bezirksvertretung träumt von noch mehr Gastronomie am Yppenmarkt. Dafür wird auf das alte Marktamtsgebäude verzichtet und der neue Nutzer mit Vorleistungen subventioniert. Öffentliches Interesse daran ist nicht zu erkennen, Diskussion fand keine statt.

Es tut sich wieder einmal etwas im Brunnen- bzw. Yppenviertel. Anfang Oktober wurde damit begonnen, das bisherige Marktamtsgebäude am Yppenplatz 4 an der Ostseite des Yppenparks abzureißen oder zumindest umzubauen. Eher zufällig kam heraus, was da los ist: Hier entsteht das Flagship-Store des Brauwerk Wien, einer neuen Marke der Ottakringer Brauerei (siehe Ottakringer statt Marktamt auf meinbezirk.at – ein Beitrag meiner Wenigkeit mit dem Ziel, dem offiziellen Schweigen ein vorzeitiges Ende zu bereiten).

Die Ruine des ehemaligen Marktamts

Die Ruine des ehemaligen Marktamts


Das soll aber noch nicht alles sein, wie sich Informationen der Ottakringer Brauerei entnehmen lässt: Seitens der Bezirksvertretung sei geplant, „auch das Gastronomieangebot auszuweiten und dem Platz damit zusätzliche Attraktivität zu verleihen“. Und das lässt sich die Gemeinde einiges kosten – jedenfalls eine sechsstellige Summe, und zwar nicht im ganz unteren Bereich.

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Wozu das Geld gebraucht wird, erschließt sich aus den örtlichen Verhältnissen (siehe Plan links): Gegenüber dem zukünftigen Ottakringer-Standort befindet sich eine Abfallsammelstelle der MA 48 (vulgo Mistplatz), nebenan eine alte öffentliche WC-Anlage. Das darf natürlich nicht so bleiben, wenn man ein Restaurant mit Schanigarten plant wie die Ottakringer Brauerei. Also wird der Mistplatz möglichst hermetisch abgeriegelt (Details dazu fehlen noch), die WC-Anlage durch eine neue ersetzt (die weniger bzw. bestenfalls keine einschlägigen Gerüche verbreiten soll, wie anzunehmen ist) und der Straßenabschnitt davor zur Fußgängerzone erklärt – alles offensichtlich „Vorleistungen“ der öffentlichen Hand, damit jemand überhaupt ernsthaft ins Auge fassen kann, dort Getränke oder Speisen zu verkaufen.

Die Gemeinde verfolgt also ihr Ziel der „Aufwertung“ des Brunnen- bzw. Yppenviertels mittels öffentlicher Investitionen weiter. Zur generellen Fragwürdigkeit dieser „Gentrifizierung light“ habe ich mich schon geäußert (siehe „about“ und „Aufwertung alla Viennese“).

Das aktuelle Projekt weist allerdings doch einige – vielleicht exemplarische – Besonderheiten auf.

1. Bei dem betroffenen Marktamtsgebäude handelt es sich um öffentliches Eigentum auf öffentlichem Grund. Trotzdem gab es seitens Bezirk/Gemeinde bisher keinerlei öffentliche Information über die nun bekannt gewordenen Pläne, geschweige denn, dass alternative Nutzungsmöglichkeiten des Gebäudes zur Sprache gekommen wären, die von ihrem Charakter her eher im öffentlichen Interesse liegen. Die Entscheidung wurde hinter verschlossenen Türen getroffen.
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2. Es ist mehr als fraglich, inwiefern eine Erweiterung des Gastronomieangebots an einem Ort, der nicht gerade an einem Mangel an Gasthäusern und Cafés leidet (siehe Plan links) im öffentlichen Interesse liegen kann. In Ermangelung eines solchen Interesses sind die beschlossenen öffentlichen Investitionen nicht zu rechtfertigen – und für die neue Mini-Fußgängerzone geht das Geld ja auch nicht drauf.

3. Schließlich handelt es sich weitgehend um eine direkte Subvention eines einzelnen Gastronomieanbieters – es gibt keinen Standort für weitere Betriebe, die von den geplanten Maßnahmen (Mistplatz, WC-Anlage, Fußgängerzone) unmittelbar profitieren könnten.

Hoffentlich entspricht das ganze Prozedere keinem Zukunftstrend. Als der Yppenplatz samt Umgebung in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre erstmals Objekt der offiziellen Umgestaltungsbegierde wurde, gab es noch Ansätze einer ernsthaften BürgerInnenbeteiligung. 2009/2010, als dem Yppenpark u.a. mit EU-Geldern ein neues Gesicht verpasst wurde, begnügte man sich bereits mit Alibi-Aktionen (u.a. wurden angeblich die Kinderfreunde zu Rate gezogen). Nun aber ist man offenbar zum Schluss gekommen, dass man sich die BürgerInnennähe überhaupt ersparen kann.

Auf ein Déjà vu ist ebenfalls hinzuweisen: Der „neue“ Yppenpark wurde im Wahlkampf 2010 präsentiert, und das aktuelle Projekt dürfte im Frühjahr 2015 abgeschlossen sein – gerade rechtzeitig für die kommenden Wiener Landtagswahlen, die voraussichtlich im Juni 2015 stattfinden werden. Das mag ein Zufall sein – es ist auch nicht zu erkennen, welche Partei sich das neue Projekt auf die Fahnen heften können sollte. Wenn’s eine Partei doch tut, etwa die SPÖ, sind wir allerdings wieder ein bisschen gescheiter.

3 Gedanken zu „Yppenmarkt: Sinnlose Subvention für Gastronomie

  1. Hi,
    ich hab von dem Blog und dem Engagement erst durch die ORF Story erfahren. Als langjährige Anrainerin, die auch in die Planung des Erstumbaues des Platzes eingebunden war, stößt mir – zusätzlich zum bereits genannten – so Einiges auf:

    1) Was zahlt die Ottakringer für das Superädifikat – sprich die Nutzung des öffentlichen Grundes? Mit wem wurde der Vertrag gemacht? MA 28? MA 42? Oder ist das dort Marktgebiet?
    2) Was passiert, wenn die Gemeinde wieder auf ihren Grund zurückgreifen will? Wie ist das geregelt, dass sie dann nicht den Neubau ablösen muss? (Beim Umbau 1999/2000 mußte eine der alten Markt”hallen” – ein überwiegend hölzerner Stadel – mit 1 Mio Schilling abgelöst werden. Am Naschmarkt ist man diesbezüglich lernresistent. Ist man wenigstens in Ottakring gescheiter? – Das Schild “Stand zu verkaufen” im ehem. Muskat/EinRaum klingt diesbezüglich wenig hoffnunggebend)

    3) Wie begründet sich der Abriss des historischen WCs, außer dass es der Ottakringer möglicherweise im Weg ist? Auch dieses WC wurde 1999/2000 um etlliche 100.000 Schilling (im oberen Bereich) saniert und mit damals modernstem Innenleben ausgestattet. Abriss ging nicht, da das Bundesdenkmalamt auf Erhaltung bestand. Wieso gab es jetzt Zustimmung des BDA? WTF? Wer steht dafür gerade, dass da nochmal sehr viel öffentliches Geld versenkt wird?

    4) Wenn der Bezirksvorsteher eine “Belebung” des Platzes wünscht, dann war er offensichtlich schon lange nicht mehr vor Ort. Im Sommer wirkt der Bereich rund um die Piazza wie ein einziger Schanigarten. Wobei auch hier: In der Planung 1999/2000, als die Piazza geschaffen wurde, war der Bereich ggü. dem CI als Freiraum, zur öffentlichen Nutzung vorgesehen, der Bereich in dem sich die Cafes dort befinden als Lagerräume. Jetzt ists Gastro und der öffentliche (!!!) Platz gehört den diversen Wirten.

    5) Will man den Platz “beleben”: Wie wäre es damit, den (Bauern)Markt zu fördern? Gezielt und strukturiert Qualität reinzubringen? Zu schauen, dass man auch unter der Woche dort einkaufen kann (brauchert man nur als Bedingung – mit Sanktionsmöglichkeiten! – für die Lokale in den Marktzeilen entlang des Parks reinschreiben, und wenn alle öffnen müssen, dann gibts auch wieder ein Angebot und dann kommen auch wieder KundInnen)? Dass es z.B: auch einmal am Nachmittag/ Abend einen Markt gibt (Do 14-20h? Ja, dazu müssen die Zeiten für die Landparteineplätze in der Marktordnung geändert werden, und?), dass auch in der Brunnengasse weniger Einheitsbrei herrscht? Das was jetzt passiert, hat weitgehend auf Stauds Initiative und die einiger anderer engagierter Menschen angefangen und kriegt jetzt ein bissel Eigendynamik ist aber nicht gelenkt und strukturiert im Sinne, dass qualitätsvolle, regionale Produzenten bei der Vergabe vom Marktamt nach nachvollziehbaren Kriterien gefördert/bevorzugt werden. Ende der 80gerJahre war der einzig tote Tag am Yppenplatz der Montag, dann wurden es langsam mehr und ab incl. Donnerstag hat der Markt gebrummt, wie jetzt nur am Sa.
    Ach ja – und so Initativen wie Volxkino – ups, dort wo die waren ist ja jetzt ein Schanigarten …
    grmmmll..

    • Hallo Patricia,
      danke für die Reaktion und die Informationen. Was ich ergänzen kann: Der Standort des zukünftigen Ottakringer Flagship Store ist Marktgebiet und das neue Gebäude ist offiziell ein Marktstand, also Zuständigkeit der MA 59 (Marktamt). Zur Höhe der Pacht habe ich keine Informationen; die “Privatisierung” ist m.E. ziemlich endgültig, da eine Ablöse des neuen “Superädifikats” wohl zu teuer wäre.
      Dass die Piazza faktisch privatisiert wurde, sehe ich auch so.

      Zum WC: Dass das Bundesdenkmalamt früher involviert war, wusste ich nicht. Ich habe nur festgestellt, dass das frühere WC nicht auf der Liste der denkmalgeschützten Objekte aufscheint.

      Bauernmarkt: Gehe völlig konform – der Bauernmarkt ist für mich das Highlight hier. Ich denke, dass da auch die Leute von NONO (nono.or.at) Ideen zur Belebung der Nordzeile haben. Was Zwangsmaßnahmen betrifft (Öffnungszeiten), bin ich eher skeptisch. Zur Nordzeile hatte ich mal die Idee, “klein” anzufangen mit einem monatlichen fixen Termin, also etwas mehr als die unregelmäßigen Flohmärkte von NONO (der nächste ist am 24. April übrigens).

      Eigentlich sollte das alles im öffentlichen Rahmen diskutiert werden. Das scheitert aber m.E. am derzeitigen Verhalten der Bezirksverwaltung, die sicher keine bösen Absichten verfolgt. Aber gut gemeint ist halt noch nicht gut …

      Robert Poth

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